1. Anlage von Tagesgeld ist nicht die Praxis
Was hat der Kämmerer oder der Kassenverwalter zu veranlassen, wenn auf einem Girokonto der Gemeinde ein erhebliches Guthaben steht, das in absehbarer Zeit nicht für Ausgaben benötigt wird? Auf diese Frage wird man z. B. folgende Antwort bekommen: „Alles Geld, was nicht unbedingt als Kassenbestand erforderlich ist, wird sofort als Festgeld ertragbringend angelegt“. Verändern wir die Situation und fragen: „Was ist zu tun, wenn ein größerer Betrag für drei Tage nicht benötigt wird?“ Ob darauf auch jeder eine Antwort weiß?
Ein Girokonto, dessen Saldo nahe Null gehalten wird, dürfte als mustergültig bezeichnet werden. Dies erfordert allerdings einiges an Arbeit, z. B. täglicher Saldenausgleich unter mehreren Girokonten, Führen einer Dispositionsliste mit richtigem Timing für größere Zahlungen, sofortiges Abräumen von Guthaben und Parken mit Zinsgewinn, rechtzeitiges Auflösen von Geldanlagen zur Sicherstellung der Liquidität. Das Girokonto wird auch als Arbeitskonto bezeichnet. Mehr sollte und darf es nicht sein. Es ist keinesfalls ein Anlagekonto, denn sein Ertrag mit regelmäßig 0,5 % Zinsen p. a. ist unbedeutend.
Wie aber sieht es tatsächlich aus? Hierzu einige Negativbeispiele aus der Kassenpraxis:
Über Monate hinweg stand das eine Konto tief im Minus, während das andere Guthaben von mehreren hunderttausend Mark hatte. Folge: Erhebliche Zinsverluste durch vermeidbare Kontokorrentzinsen.
Fast ein Jahr lang hatte ein Girokonto ein Haben von durchschnittlich 400 000 € (mit geringen Schwankungen). Folge: Zinsverluste aus nicht realisierter Geldanlage.
Obwohl eine Gemeinde große Beträge als Festgeld angelegt hatte, standen auf drei Girokonten zusammen und über längere Zeit immer noch zwischen 0,6 Mio. und 1,5 Mio. € im Haben. Folge: Zinsverluste aus nicht realisierter - weiterer - Geldanlage.
Bei Prüfungen wird immer wieder festgestellt, dass die Liquiditätsplanung unzureichend ist. Dies wird als die eigentliche Schwachstelle im Finanzmanagement vieler Kommunen betrachtet.
2. Ein Girokonto darf kein „Sparbuch“ sein
Wer mit seinem Privatvermögen so umgehen würde, wie oben beschrieben, müsste wohl zurecht als „in Gelddingen unfähig“ bezeichnet werden. Kein vernünftiger Mensch würde sein Girokonto als Sparbuch verwenden. Dann aber die Frage: „Wieso gibt es Gemeinden, die diese einfache Grundregel nicht beachten?“ Es ist doch fremdes Geld, das in den Kommunalkassen ist. Muss man nicht fremdes Geld besonders sorgfältig verwalten?
Wer seine Aufgabe als Kämmerer oder Kassenverwalter ernst nimmt, muss für sein Tagesgeschäft zu folgendem Fazit kommen: Auf einem Girokonto darf ein Bestand nur dann vorhanden sein, wenn er für Ausgaben erforderlich ist. Oder anders ausgedrückt: Mehr als die tägliche Manövriermasse darf nicht im Haben stehen. Nicht benötigtes Geld ist sofort aus dem Kassenbestand auszuscheiden und ertragbringend anzulegen. Alles andere ist unwirtschaftlich. Es darf nicht vorkommen, dass aus Sorge vor nicht avisierten höheren Zahlungsausgängen, z. B. des Bauamts, überhöhte Mittel vorgehalten werden. Deshalb ist eine Liquiditätsplanung eine wichtige Voraussetzung für kurzfristige Geldanlagen, sei es als Monats- oder als Tagesgeld. In der Praxis wird immer wieder festgestellt, dass der Kassenverwalter das Risiko, in Liquiditätsengpässe zu gelangen, zu hoch einstuft. Wenn deshalb zu viel Liquidität vorgehalten wird, entgehen durchaus realisierbare Zinserträge. Von daher muss der Behördenleiter veranlassen, dass die verschiedenen Abteilungen und Ämter kontinuierlich größere Geldabflüsse zu melden haben, damit die Kasse in der Lage ist, nicht benötigte Mittel ökonomisch sinnvoll anzulegen.
An dieser Stelle soll ein neuer Weg aufgezeigt werden, wie die Gemeinde durch die Anlage von Tagesgeld erhebliche Zinserträge erwirtschaften kann.
3. Tagesanlagen ermöglichen dynamische Bewirtschaftung des Kassenbestandes
Drei Prozent bei täglicher Verfügbarkeit; dagegen verblasst die 0,5-Prozent-Verzinsung des Girokontos. Abzuholen sind solche Zinsen bei den Banken, die Tagesgeldkonten offerieren. Vor einigen Jahren waren es zwei kleinere Banken, die dieses Konto erstmals anboten. Inzwischen hat sich deren Erfolg herumgesprochen. Immer mehr Kreditinstitute bieten Tagesgeldkonten an. Meistens sind es Direktbanken, die auf Geschäftsstellen verzichten und per Computer, Fax und Telefon arbeiten. Wegen des eher spärlichen Personalbestandes sparen sie enorm an Kosten. Sie können deshalb täglich verfügbare Anlagen zu besten Zinsen bieten. Die traditionellen Hausbanken der Kommunen haben diese Entwicklung bisher mit Skepsis betrachtet. Während sie den Kommunen bisher nur das klassische Festgeld anzubieten hatten, suchen diese heute verstärkt nach Möglichkeiten, den Kassenbestand nicht für 30, sondern z. B. nur für 3 Tage anzulegen. Dies ermöglichen viele Geschäftsbanken erst ab Beträgen von 0,5 Mio. €. In Zeiten leerer Kassen ist es nicht vertretbar, dass Geld auf dem Girokonto dümpelt und nicht angelegt werden kann, weil 30 Tage zu lang sind und es darunter keine Anlagemöglichkeit gibt. In diese Bresche sind Direktbanken gesprungen.
Die Kommunen müssen reagieren. Deshalb ist nicht zu fragen: „Sollen wir ein Tagesgeldkonto eröffnen?“ Vielmehr muss die Frage lauten: “Bei welchem Kreditinstitut eröffnen wir ein Tagesgeldkonto“? Grundsätzliche Vorbehalte gegen unbekannte Institute sind nicht angebracht. Alle Direktbanken sind Mitglied des deutschen Einlagensicherungssystems.
Merkmale des Tagesgeldkontos bei Direktbanken:
Es gibt keine Kündigungsfrist. Über die gesamte Summe oder Teilbeträge kann täglich verfügt werden.
Es ist nicht wie ein Girokonto verwendbar. Überweisungen, Scheckeinreichungen, Lastschriften usw. sind nicht möglich.
Attraktive Zinsen. Die Verzinsung wird ständig dem Zinsniveau am Geldmarkt angepasst. Ein Vorteil, den sonst nur professionelle Anleger haben.
Kontoführung per Telefon, Fax oder PC.
Monatlicher Kontoauszug.
Gebühren und Kosten fallen i. d. R. nicht an.
24-Stunden-Service. Direktbanken sind ganztags geöffnet. Persönliche Beratung wird normalerweise montags bis freitags von 8.00 bis 22.00 Uhr angeboten. Sprachcomputer ergänzen den persönlichen Service.
4. Höhere Zinsen als beim Girokonto
Außer der täglichen Verfügbarkeit haben das Girokonto und das Tagesgeldkonto nichts gemeinsam. Während es beim Girokonto in aller Regel 0,5 % p. a. gibt, ist der Zinsertrag des Tagesgeldkontos um ein Mehrfaches höher. Um wie viel, hängt einerseits vom allgemeinen Zinsniveau und andererseits von den speziellen Angebotskonditionen der einzelnen Institute ab. Deren Angebote weichen erheblich voneinander ab - die Bandbreite ist also beträchtlich. Ein höherer Anlagebetrag führt zu einem höheren Zinssatz. Dieser ist variabel und kann täglich geändert werden. In der Praxis sind Zinsanpassungen derzeit eher bescheiden, so dass das Zinsänderungsrisiko überschaubar ist. Darin unterscheidet sich das Tagesgeldkonto vom Festgeldkonto. Beim Festgeldkonto gilt ein fester Zinssatz für die gesamte vereinbarte Anlagedauer.
5. Entscheidung über Geldanlagen
Solange Geld auf einem Girokonto steht, handelt es sich um Kassenmittel i. S. von § 42 Nr. 5 GemKVO. Für deren Verwaltung ist gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GemKVO die Gemeindekasse nach Maßgabe der §§ 18 und 19 GemKVO zuständig. Sobald Kassenmittel aus dem Kassenbestand ausgeschieden und angelegt werden, ändern sie ihren Status und werden zu Geldanlagen i. S. von § 46 Nr. 9 GemHVO. Daraus ergeben sich weitere kassenrechtliche Folgen. Während der Gemeindekasse die Verwaltung der Kassenmittel obliegt, trifft Entscheidungen zur Geldanlage grundsätzlich der Bürgermeister (Hauptverwaltungsbeamte). Geldanlage wird als Geschäft der laufenden Verwaltung betrachtet. Deshalb hat auch der Bürgermeister zu regeln, welche Konten eingerichtet werden, und zwar nicht nur bezüglich der Girokonten, sondern auch hinsichtlich von Geldanlagekonten. Ausgehend von der Empfehlung in der VwV Nr. 2 zu § 18 GemKVO ist in der Praxis diese Zuständigkeit weitgehend auf den Fachbeamten für das Finanzwesen (Kämmerer) übertragen. Abweichen davon ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, Teile dieser Zuständigkeit auf den Kassenverwalter zu delegieren. Durch Dienstanweisung kann z. B. der Kassenverwalter ermächtigt werden, das Anlageinstitut sowie Art und Höhe der Geldanlagen zu bestimmen. Bei größeren Verwaltungen ist dies auch üblich; so kann schneller reagiert werden.
Der Verantwortliche muss natürlich die Kassenlage und das Zinsniveau überblicken. Sofern der Kassenverwalter Geldanlagen nicht eigenverantwortlich entscheiden darf, muss er den dafür Zuständigen laufend über die Kassenlage informieren, um diesen in die Lage zu versetzen, entsprechend zu disponieren.
Der eigentliche Vollzug der Geldanlage durch Überweisung auf das Anlagekonto ist ein Kassengeschäft. Dazu muss immer eine schriftliche Auszahlungsanordnung entsprechend § 6 GemKVO ergehen. Für ein Tagesgeldkonto bietet sich eine allgemeine Zahlungsanordnung entsprechend § 8 GemKVO an. Eine solche ist u. a. für „regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, für die der Zahlungsgrund und die Empfangsberechtigten, nicht aber die Höhe für die einzelnen Fälligkeitstermine feststehen“ zulässig. Diese Voraussetzungen sind m. E. erfüllt. Die Geldanlage ist im Sachbuch für haushaltsfremde Gelder zu buchen. Zinseinnahmen fließen in den Verwaltungshaushalt.
6. Rücktransfer
Für Kommunen gilt, dass angelegte Gelder nicht bar abgehoben werden dürfen. Durch Sperrvermerk ist sicherzustellen, dass ein Rücktransfer nur auf ein Girokonto möglich ist. Diese Sicherheitsanforderungen halten alle bekannten Direktbanken ein. Der Rücktransfer ist generell nur unter Angabe einer Geheimzahl oder eines Geheimwortes auf das der Bank angegebene Girokonto möglich.
Ein bis zwei Bankarbeitstage nach Auftragserteilung ist das Geld zurück auf dem Gemeindekonto. Wichtig ist, dass der Auftrag rechtzeitig vor dem Buchungsschnitt der Bank erteilt wird. Den genauen Zeitpunkt nennt die Bank. In dringenden Fällen wäre ein Blitzgiro oder eine telegraphische Überweisung einzuleiten.
7. Kosten
Kontoführungs- oder Buchungsgebühren fallen nicht an. Die Kontoauszüge werden gratis zugesandt. Weil Kontobewegungen per Telefon, Fax oder Computer veranlasst werden, entstehen Telefonkosten. Wer bei seinem Anruf in die Warteschleife gerät, muss damit rechnen, dass der Gebührenzähler munter weitertickt, ehe er einen Gesprächspartner bekommt.
Die Kreditinstitute verfahren hinsichtlich der Telefonkosten nicht einheitlich. Manche bieten eine kostenlose Service-Nummer an und übernehmen alle Gesprächsgebühren. Am teuersten sind die üblichen Vorwahlnummern.
8. Angebote der einzelnen Bankengruppen
8.1 Wachsende Zahl von Anbietern
Der Erfolg der Pioniere von Tagesgeldkonten hat inzwischen alle Bankengruppen zu entsprechenden Aktivitäten veranlasst. Die beiden Institute, die vor etlichen Jahren erstmals ein solches Konto in ihr Angebot aufgenommen hatten, müssen den Markt heute mit einer weiter zunehmenden Anzahl von Konkurrenten teilen. Im privaten Bankgewerbe hat man am schnellsten reagiert. Doch die Sparkassen sowie die Volks- und Raiffeisenbanken haben nachgezogen und versuchen, den Vorsprung der privaten Institute aufzuholen. Nachstehend sind die einzelnen Kreditinstitute mit deren Modalitäten aufgezählt, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Jede Gemeinde muss für sich prüfen, wo sie ein Tagesgeldkonto eröffnet. Eine Empfehlung kann an dieser Stelle nicht abgegeben werden. Entscheidend ist das günstigste Angebot, das sich nicht nur allein am Nominalzinssatz orientiert.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist eine klare Organisationsstruktur innerhalb der Gemeindekasse. Dabei ist größter Wert darauf zu legen, dass der Arbeitsablauf im Anlagemanagement ausreichend schriftlich dokumentiert wird. Insbesondere sind Anlageentscheidungen aufgrund von telefonischen Angeboten schriftlich festzuhalten. Eine vollständige Sachakte erleichtert darüber hinaus auch im Vertretungsfall die Arbeit.
8.2 Private Banken
Von den in Deutschland tätigen Direktbanken ist über die Hälfte nur im Privatkundenbereich aktiv. Kommunen können dort keine Geldgeschäfte abwickeln. Nach eigenen Markterhebungen bieten die unten aufgeführten Direktbanken Geschäftsbeziehungen auch zu Gemeinden an. Es gibt erhebliche Unterschiede, die beachtet werden müssen. Teilweise verfügen die Banken auch über ein örtliches Filialnetz.
8.3 Sparkassen
Die Sparkassen, die sich gerne als die klassischen Hausbanken der Gemeinden bezeichnen, waren seither dominierend bei kommunalen Festgeldeinlagen. Zunächst hatten sie den neuen Tagesgeldangeboten nichts vergleichbares entgegenzusetzen. Dies hat sich vor etwa einem Jahr geändert. Jetzt bieten die Sparkassen ein Geldmarktkonto an, das über eine Zusatzvereinbarung ans Girokonto angekoppelt wird. Das Geldmarktkonto selbst dient ausschließlich der Geldanlage, nicht der Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Allerdings muss man danach fragen; die Sparkassen bewerben das neue Konto kaum.
Besonderheiten des Geldmarktkontos sind:
· Verzinsung
Die Zinssätze sind variabel. Beispiel:
2,00 % im Betragsbereich bis 13 000 €,
2,50 % im Betragsbereich von 13 001 € bis 50 000 €,
2,75 % im Betragsbereich ab 50 00 €.
Die Mindesteinlage beträgt 5 000 €.
Wird der Mindestanlagebetrag von 5 000 € unterschritten, erfolgt ab dem Zeitpunkt der Verfügung und für die Dauer der Unterschreitung keine Verzinsung des verbleibenden Guthabens.
· Kundeninformation
Der Kunde erhält jeweils zum Monatsende einen Kontoauszug, aus dem sich alle Gutschriften, Belastungen sowie der aktuelle Kontostand ergeben.
· Zuzahlungen
Zuzahlungen sind jederzeit durch Überweisung möglich. Für Zuzahlungen, die den Aufstieg in einen höher verzinslichen Betragsbereich bewirken, wird ab dem Buchungstag der Zuzahlung der höhere Zinssatz für den entsprechenden Betragsanteil im erreichten Betragsbereich vergütet.
· Verfügungen
Verfügungen über das Geldmarktkonto sind nur durch Überweisungen auf ein anderes Konto des Kontoinhabers möglich. Bei Verfügungen über das Gesamtguthaben bleibt das Geldmarktkonto weiterhin bestehen. Bei Auflösung des Kontos werden die Zinsen sofort abgerechnet. Wird der jeweilige Betragsbereich durch eine Verfügung unterschritten, kommen ab dem Tag der Verfügung nur die Zinssätze für die noch belegten Betragsbereiche zur Anwendung.
· Änderung der Betragsbereiche oder der Mindesteinlage
Beabsichtigt die Sparkasse eine Änderung der o. g. Betragsbereiche oder der Mindesteinlage, wird die Gemeinde hierüber 4 Wochen vor Änderung hingewiesen und ihr die neu festgelegten Betragsbereiche bzw. die neu festgelegte Mindesteinlage schriftlich mitgeteilt. Die Änderung gilt als genehmigt, wenn die Gemeinde ihr nicht binnen 4 Wochen widerspricht. Widerspricht die Gemeinde der Änderung, ist die Sparkasse berechtigt, das Geldmarktkonto mit einer Frist von 4 Wochen zu kündigen. Nach Ablauf der Kündigung wird das Geldmarktkonto nicht mehr verzinst. Es wird dann geschlossen und das vorhandene Guthaben auf ein anderes Konto der Gemeindekasse übertragen.
· Kündigung
Die Zusatzvereinbarung zum Geldmarktkonto kann vom Kunden jederzeit, von Seiten der Sparkasse mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden. Kündigt die Sparkasse, ist sie dazu berechtigt, das nach Ablauf der Kündigungsfrist verbleibende Restguthaben dem Girokonto der Gemeinde gutzuschreiben und das Geldmarktkonto aufzulösen.
8.4 Volks- und Raiffeisenbanken
Genauso wie die Sparkassen boten die Volks- und Raiffeisenbanken bisher echtes Tagesgeld i. d. R. erst ab 0,5 Mio. € an, je nach Verhandlungsgeschick auch darunter. Manche Banken waren bisher auch dazu bereit, für das Girokonto einen höheren Zinssatz anzubieten, wenn dort gewisse Mindestbeträge überschritten wurden. Insofern konnten Gemeinden auch in der Vergangenheit durchaus auf dem Girokonto Zinserträge verbuchen, wenn auch nicht in der Höhe, wie dies heute auf Tagesgeldkonten möglich ist.
Seit März 1997 haben auch die Volks- und Raiffeisenbanken den Trend der Zeit erkannt. Ihr neues Angebot heißt „VRcash“, das mancherorts auch unter dem Namen „CashDirekt“ geführt wird. Nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken soll damit den aggressiven Bestrebungen der Direktbanken ein leistungsfähiges Produkt entgegengesetzt werden. Bei VRcash handelt es sich um eine verzinsliche Sichteinlage, die den Kunden exklusiv über den direkten Vertriebsweg angeboten wird. Voraussetzung ist, dass die Gemeinde bei der Volks- oder Raiffeisenbank ein Girokonto als sog. Referenzkonto hat. Ein direkter Übertrag von einer anderen Bankverbindung auf das Tagesgeldkonto ist nicht möglich.
Die Volks- und Raiffeisenbanken bieten VRcash als einen Teil ihrer bundesweit neuen Dachmarke „KontoDirekt“ an. Die Vertragsbedingungen können durch jede örtliche Volks- und Raiffeisenbank für ihren eigenen Geschäftsbereich festgelegt werden. So kann sie z. B. einen Mindestanlagebetrag festlegen oder eine Zinsstaffel vereinbaren.
9. Früher Blick aufs Girokonto bringt Zeitgewinn
Die Datenzentrale Baden-Württemberg hat ein Verfahren entwickelt, das den aktuellen Kontostand ein paar Stunden früher als seither an die Kasse meldet. Die Anregung zu dem Projekt hatte ein Kreiskämmerer gegeben. Er hatte moniert, dass man sich im Kreishaus bis mindestens zehn Uhr gedulden musste, ehe man ins Konto schauen konnte. Denn: Die aufs Kreiskonto eingelaufenen Beträge und die ausgehenden Überweisungen mussten beim Kreditinstitut, welches das Hauptkonto des Kreises führt, zunächst auf ein Magnetband gespeichert werden, das dann im Kommunalen Rechenzentrum aufgearbeitet und in die Bücher der Kreiskasse überspielt werden musste.
Das neue Verfahren ermöglicht es, dass das Kreditinstitut den täglichen Kontoauszug mit allen Umsatzdaten des Vortages nachts gegen vier Uhr über Datenleitung ans Rechenzentrum überspielt. Dort werden die Daten aufgearbeitet. Jeder einzelne Buchungsposten wird analysiert, alle Überweisungen mit gültigem Buchungszeichen werden aufgelistet und automatisch verbucht. Bei Arbeitsbeginn im Kreishaus ist der Kontoauszug fix und fertig und kann auf dem Bildschirm angeschaut werden. Dies bringt drei Stunden Zeitgewinn. Für die Praxis bedeutet dies, dass die Finanzabteilung Geldbewegungen veranlassen kann, die sich einen ganzen Tag früher auf dem Konto niederschlagen. Das Geld bleibt nicht arbeitslos auf dem Girokonto stehen, sondern wird sofort auf zinsbringende Plätze umdirigiert, bis es für Ausgaben abgerufen werden muss. Unterm Strich - so rechnet man im Kreishaus - kann durch diesen täglichen Zeitgewinn übers Jahr ein spürbarer Zinsgewinn erwirtschaftet werden.
10. Bei geschlossener Kasse: Das Geld arbeitet weiter
Inzwischen ist es üblich geworden, dass die kommunalen Bediensteten freitags nach 12 Uhr nicht mehr arbeiten müssen. Bevor der Kassenverwalter ins Wochenende geht, darf er eines nicht vergessen: Er muss das Guthaben des Girokontos „zur Arbeit schicken“. Und das geht folgendermaßen:
Kurz vor Dienstschluss wird der Kontostand abgefragt. Der Einfachheit halber wird unterstellt, dass die Gemeinde nur über ein Girokonto verfügt. Wenn ein positiver Saldo vorhanden ist, wird dieser auf das Tagesgeldkonto umgebucht. Am einfachsten lässt sich dies bewerkstelligen, wenn das Girokonto und das Tagesgeldkonto beim selben Kreditinstitut geführt werden. Dann genügt es, das Kreditinstitut telefonisch zu beauftragen, die Umbuchung vorzunehmen. Im Sparkassenbereich ist Buchungsschnitt üblicherweise um 11.00 Uhr. Wird der Auftrag bis dahin erteilt, erfolgt die Valutierung zum gleichen Tag, sonst einen Tag später. Mehr Zeit zur Umbuchung hat man bei den Volks- und Raiffeisenbanken, die eine taggleiche Valuta noch bis 15.00 Uhr gewährleisten.
Was bedeutet dies für die Praxis?
Dadurch, dass das Geld mit Wertstellung vom Freitag dem Tagesgeldkonto gutgeschrieben wird, gibt es für den ganzen Freitag die vollen Tagesgeldzinsen. Soll das Guthaben am Montag wieder auf dem Girokonto sein, gibt der Kassenverwalter die entsprechende Order bereits am Freitag zusammen mit dem Anlageauftrag an die Bank. Da der Rücktransfer aufs Girokonto bei der Bank erst im Laufe des Montag gebucht wird, erscheint der Betrag auf dem Girokontoauszug vom Montag noch nicht. Trotzdem ist die Rückbuchung selbstverständlich wertmäßig ab Montag beim Girokonto berücksichtigt.
Ergebnis dieser Transaktionsbuchungen ist, dass das Girokonto von Freitag bis Sonntag abgeräumt und der Betrag für drei volle Zinstage auf dem Tagesgeldkonto geparkt war. Der Aufwand ist gering, der Erfolg dagegen beträchtlich. Schließlich bringt das Tagesgeldkonto fünf- bis sechsmal mehr als das Girokonto.
11. Schlussbemerkung
In den meisten Dienstanweisungen für die Gemeindekasse wird man noch die Anweisung finden, dass vorübergehend nicht benötigte Kassenmittel als Termingeld auf 30 Tage anzulegen sind. Diese Vorschrift ist angesichts des neuen Tagesgeldkontos überholt. Ein effizientes und ökonomisches Kassenmanagement erfordert heute ein tägliches Abgleichen des Kassenbestandes. Es muss täglich überprüft werden, welche Mittel auf einem Tagesgeldkonto angelegt werden können.
Rechtsstand Februar 2002
© IKV Erwin Ruff 2012